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Das Männliche und die Erde. Erkundungen auf einem schwierigen Terrain

24. März 2023 | 26. März 2023

Seminar gemeinsam mit erdfest und der Offenen Kunstwerkstatt Köln Süd e.V. vom 24. – 26. März 2023 in Köln

Was ist männliche Energie – im Blick auf die Erde?

Der Impuls für dieses Seminar geht zum Teil auf die Gruppe »Männerpfade« am Kloster Nütschau in Norddeutschland zurück. Von Anfang an bei den Erdfesten dabei, wird »Männerpfade« am Nachmittag des zentralen Seminartages zu »Begegnungen mit dem Männlichen und der Erde« einladen. Ausgangsfragen dabei sind: Was ist männliche Energie – im Blick auf die Erde? Wie manifestiert sie sich? Inwiefern wird sie für den Wandel hin zu einer sozial und ökologisch gerechten Welt gebraucht? Inwieweit wird sie aus Angst oder Unwissenheit unterdrückt? Wobei hier männliche Energie wohlgemerkt nicht auf Männer beschränkt ist. Sie wirkt in jedem Menschen, unabhängig vom biologischen Körper.

Unterstützt durch die Offene Kunstwerkstatt Köln Süd (OKKS) ziehen wir für diese Erkundungen ganz bewusst auch die Kunst zu Rate. Zumal das Künstlerische mit Joseph Beuys als ein Vermögen gesehen werden kann, das allen Menschen per Geburt eignet. So basieren etliche der Praktiken und Prozesse des Seminars auf der Idee: »Die einzig revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität« (Beuys). Und nachdem die OKKS sich unlängst mit »Weiblichen Räumen« im übertragenen Sinne auseinandergesetzt hat, liegt es nahe, nun mit ihr als Partnerin nach »männlicher Energie« – im Blick auf die Erde – zu fragen.  

Ein kontaminiertes Feld

Wobei uns nur zu bewusst ist, wie sehr wir uns mit diesen Erkundungen auf ein sozialpsychologisch kontaminiertes Feld wagen. Denn natürlich sind gerade im gesellschaftlichen Umgang mit der Erde geschlechterspezifische Muster höchst real und folgenschwer. Der Kapitalismus, treibende Kraft hinter den globalisierten Vernichtungen von Lebendigem, ging historisch aus dem abendländischen Patriarchat hervor. Demgemäß identifizieren Frauen sich leicht mit der missachteten, ausgebeuteten, geschundenen »Mutter Erde« – was sich zum Beispiel darin zeigt, dass Ansätze wie die Erdfest-Idee, aber auch die Aktivitäten der Erd-Charta-Initiative bei Frauen tendenziell mehr Resonanz als bei Männern finden. So weit, so bekannt.

In jüngster Zeit indes sind beide Teile unseres Begriffspaares – »das Männliche« und »die Erde« – in je eigener und kaum erwartbarer Weise heftig in Bewegung geraten:

Das Denken dekolonisieren

Den drohenden ökologischen Abgrund im Blick zeigen neue geisteswissenschaftliche Forschungen auf, in welchem Maße Grundannahmen der westlichen Denkweise – etwa die Trennung von Geist und Materie oder von Natur und Kultur – in sich irrig und damit fatal irreführend gewesen sind. Immer mehr Anthropolog*innen und Philosoph*innen namentlich des globalen Südens, darunter Eduardo Viveiros da Castro (Brasilien), Sylvia Winter (Jamaika), Bayo Akomolafe (Nigeria) und Dipesh Chakrabarty (Indien), verstehen Anthropologie neu als »permanente Dekolonisierung des Denkens« (Castro). Denn das westliche Denken repräsentiere nicht die Wirklichkeit. Es bringe sie unter Kontrolle. War Rationalität das Primat der westlich geprägten Moderne, wird nun »Lebendigkeit«, wird die Suche nach Kulturen und Politiken des Lebendigen zu einem Primat für 21. Jahrhundert. Wie berührt das unsere gesellschaftlichen Vorstellungen von männlicher Energie?

Die Erde als neuer politischer Akteur

Und die Erde? Während sie für die Moderne letztendlich bloßes Ressourcen- und Rohstofflager sowie Müllsenke gewesen ist, erscheint sie heute im Zuge des galoppierenden Klimawandels bis ins alltägliche Wahrnehmen hinein erschüttert und erwacht. Sie reagiert katastrophisch auf die Aktivitäten des Menschen. Eben noch passives Ding, entpuppt sie sich als wirkmächtig. Mit dem Anthropozän-Vordenker Bruno Latour gesprochen: Wir müssen die Erde neu als Subjekt verstehen – und zwar als ein Gegenüber im Rang eines politischen Akteurs, einer Art neue Weltmacht, mit der es sich auf allen politischen Ebenen auseinanderzusetzen gilt. Tatsächlich gibt es derzeit weltweit Bestrebungen, die Sphären des Rechts und der Politik auf die nicht-menschliche Mitwelt auszuweiten. So etwa erhob der Staat Ecuador 2008, anknüpfend an indigene Traditionen, »Pachamama« (Mutter Erde) zum Rechtssubjekt. Und 2022 erhielt mit dem spanischen Mar Menor das erste Ökosystem Europas den Status einer Rechtspersönlichkeit. Fortan verbürgt ein Gesetz das Recht dieser Lagune, »als Ökosystem zu existieren und sich auf natürliche Weise zu entwickeln«.

Inwiefern berührt die neue gesellschaftliche Wahrnehmung der Erde als politischer Akteur und als Rechtssubjekt das Thema dieses Seminars?

Mitweben an neuen, lebensdienlichen Kosmologien

Oder wird das Seminar mit derlei großen Fragen völlig überfrachtet? Wir meinen, nein. Nicht, wenn klar ist, dass die Kölner Erkundungen allenfalls ein Anfang sein können. Und nicht, wenn wir uns entschließen, »das Männliche und die Erde« bewusst vor dem Hintergrund des Epochenrandes zu betrachten, an dem die Menschheit derzeit steht.

Als ganzheitliche Initiativen sind die Erd-Charta und erdfest prädestiniert, mitzuwirken beim Herausbilden neuer, lebensdienlicher Kosmologien, für die »das Männliche« (genauso wie »das Weibliche«) und »die Erde« elementar sind.

Ablauf

Freitag

18:00  
Begrüßung
Denis Kupsch, Geschäftsführender Referent der Erd-Charta-Initiative
Erstes Kennenlernen: Was motiviert mich, hier zu sein?

Abendessen

»Zeige deine Wunde. Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys«
Film von Rüdiger Sünner – in Ausschnitten, vorgestellt von Brigitte Maxrath-Enger und Annette Ronicke, Offene Kunstwerkstatt Köln-Süd e.V.

Austausch und geselliges Beisammensein

Samstag

09:30  
Kurze Atemarbeit, Meditation, Energiearbeit
Annette Ronicke
Inhaltlicher Eröffnungsimpuls
Hildegard Kurt, erdfest

10:00  
Was wird versteckt, ignoriert, verdrängt? Arbeiten im inneren Atelier gemäß dem mit Beuys erweiterten Verständnis von Kunst
Hildegard Kurt

11:30 Kaffeepause

12:00  
Erden. Künstlerischer Prozess mit Ton
Brigitte Maxrath-Enger  

13:30   Mittagessen

15:00  
Begegnungen mit dem Männlichen und der Erde
begleitet von »Männerpfade« am Kloster Nütschau

18:00   Abendessen

20:00  
Austausch über Erfahrungen und Einsichten des Tages

geselliges Beisammensein

Sonntag

09:30  
Kurze Atemarbeit, Meditation, Energiearbeit
Annette Ronicke

Dem Rhein begegnen: Was erfahre ich von dir?
Ästhetischer Prozess am Rhein

Das Männliche und die Erde: Impulse einer transformativen Praxis im Horizont der Erd-Charta- und erdfest-Initiativen
Dialogrunde (nach David Bohm)             
Zugunsten eines authentischen Arbeitens soll die weitere Gestaltung dieser letzten Seminareinheit sich aus dem bisherigen Prozess ergeben.

12:30   Ende mit anschließendem gemeinsamem Mittagessen

Details

Wann? 24. – 26. März 2023
Wo? Haus der Ev. Kirchengemeinde Köln Sürth/Weiß, Auferstehungskirchweg 7, 50999 Köln freitags und samstags; Offene Kunstwerkstatt Köln Süd e.V., Sürther Hauptstraße 56, 50999 Köln (sonntags)
Wer? Prozessbegleitung Hildegard Kurt (erdfest), Alexander Czogalla (Männerpfade und erdfest), Brigitte Maxrath-Enger (Offene Kunstwerkstatt Köln Süd e.V.)
Kosten: 5 – 60 € (nach Selbsteinschätzung; inkl. Übernachtung und vegetarisch-regionaler Ernährung)
Die Teilnahmezahl ist auf 20 Personen begrenzt.

Für Rückfragen stehen wir Euch sehr gern zur Verfügung.

*Das Seminar wird gefördert von Engagement Global im Auftrag des BMZ und des Fonds Soziokultur der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie aus Mitteln der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW und des Kirchlichen Entwicklungsdienstes durch Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst.

Anmeldung

Bitte melde dich zu unseren Veranstaltungen an, damit wir besser planen können.

Anmeldung Seminar

Haus der Ev. Kirchengemeinde Köln Sürth/Weiß

Auferstehungskirchweg 7
Köln, 50999 Deutschland